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Missbrauch von Betroffenenrechten

Es gibt zwei verschiedene bekannte Szenarien über die Personen versuchen eine außergerichtliche Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes (umgangssprachlich auch „Schmerzensgeld“ genannt) an Betroffene sowie die Erstattung von Rechtsanwaltskosten zu erwirken.

Auf der Webseite eines Unternehmens bittet eine Person über das Kontaktformular das Unternehmen um einen Rückruf. Wenn das Unternehmen die angegebene Nummer zurückrufen will, wird der Anruf nicht angenommen. Nach ein paar Wochen meldet sich die Person wieder und verlangt Auskunft über die von ihm gespeicherten Daten und verlangt Löschung der gespeicherten Daten.

Bei einem anderen Szenario wird erst der Newsletter des Unternehmens abonniert um dann direkt im Anschluss ein Auskunfts- und Löschanspruch geltend zu machen.

Zeitlich nachgelagert meldet sich dann ein Rechtsanwalt um im Auftrag dieser Person einen immateriellen Schadensersatz wegen Verletzung der Betroffenenrechte und die dafür entstandenen Rechtsanwaltskosten geltend zu machen. Bei einem Nicht Tätigwerden droht der Rechtsanwalt die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs an.

Art. 82 DSGVO erlaubt es von der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten betroffenen Personen, auch immaterielle Schäden wegen der unzulässigen Verarbeitung ihrer Daten einzuklagen. Die Gerichte können dabei bereits die unzulässige Datenverarbeitung an sich als erstattungsfähigen Schaden bewerten.

Es empfiehlt sich auf ein Anwaltsschreibens zu reagieren und das Bestehen des Anspruchs sachlich begründet bestreiten. Zudem sind Prozesse zur Erfüllung von Betroffenenrechten zu erstellen, diese einzuhalten und die Rechenschaftspflichten nach der DSGVO lückenlos zu erfüllen um Beschwerden bei der Aufsichtsbehörde und Zivilprozesse abzuwenden.

Einer der Hauptgründe für Beschwerden bei der Aufsichtsbehörde ist eine nicht, nicht zufriedenstellende oder nicht fristgemäß erfolgte Beantwortung von Betroffenenanfragen durch ein Unternehmen. Die Landesbeauftragte für Datenschutz Niedersachsen berichtet, dass sich die Zahl der Beschwerden seit Geltung der DSGVO stark gesteigert haben, was bereits 2018 zur Folge gehabt hätte, dass "sich die Meldungen gemäß Art. 33 DSGVO auf 370 steigerten (gegenüber 20 im Jahr 2017).“ Dieser Trend hat sich 2019 fortgesetzt und noch weiter verstärkt. Im vergangenen Jahr meldeten Verantwortliche 824 Datenschutzverletzungen.“ Dies geht aus dem Tätigkeitsbericht von 2019 der Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen hervor.

Sollten Sie Unterstützung bei der Erstellung und Implementierung von Prozessen zur Erfüllung der Betroffenenrechte benötigen, melden Sie sich gerne bei unserem ds²-Team.

Einen immateriellen Schadenersatz sprechen die Gerichte meistens nur zu, wenn der Verstoß eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreitet. Selbst dann ist die Schadenersatzhöhe gering. Eine solche Erheblichkeitsschwelle ist im Wortlaut des Art. 82 DSGVO nicht zu finden. Ob sie dennoch besteht, darüber wird gestritten. Die Frage, ob die DSGVO für Schadensersatzansprüche eine Erheblichkeit voraussetzt würde für gewöhnlich dem EuGH vorgelegt. Ein Amtsgericht in Goslar hat derweil selbst darüber entschieden und kam zu dem Ergebnis, dass die DSGVO eine Erheblichkeit voraussetze. Der Gerichtsentscheidung unterlegene Kläger hat wegen dieser Auslegung des AG Goslar Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht und hatte damit Erfolg. Das Urteil wurde aufgehoben und vom Bundesverfassungsgericht nun erklärt, dass eine Vorlage beim EuGH zur Klärung der Frage, ob ein Schaden erheblich sein muss, zu erfolgen hat. Die Entscheidung des EuGH steht noch aus.

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Sabrina Moll

LL.M., betriebswirtschaftliches und rechtswissenschaftliches Wissen und Erfahrung in der Umsetzung von Datenschutz in Unternehmensprozessen. Die Wirtschaftsjuristin berät Unternehmen, Behörden und sonstige Organisationen in Privatwirtschaft und öffentlichem Sektor.
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